Verdichtung konkret

Unter diesem Titel lud das kantonale Amt für Raumentwicklung letzte Woche Fachleute und Verbandsvertreter zu einem Hearing an die Universität Zürich ein. Das Thema brennt. Boden ist ein knappes und nicht vermehrbares Gut. Pro Minute wird in der Schweiz über 1.5 m2 Boden versiegelt. In 450 Tagen die Fläche des Zürichsees. Die Siedlungsflächen dehnen sich vorwiegend in das Kulturland aus. Diese Entwicklung ist nicht zu übersehen und wird von der Bevölkerung als Problematik wahrgenommen, wie die Annahme der Kulturlandinitiative unlängst zeigte. Die Schweiz hat ein massives Problem der Zersiedelung und selbst an sich gute Gesetzesgrundlagen lindern dieses Problem, aufgrund von Vollzugdefiziten, nicht. Eigentumsrecht geniesst in der Schweiz ein absolutes Recht, welches einer juristischen Heiligen Kuh gleich kommt. Dies ist ein Aspekt.

Wichtigste weitere Treiber der Zersiedlung sind Bevölkerungswachstum und – vor allem – ein zunehmender Flächenverbrauch. Dieser wird angeheizt durch ansteigende Pendlerkultur, Verdrängung durch Mietpreisentwicklungen in den Städten. Soziokulturelle, wirtschaftliche und natürliche Rahmenbedingungen führen dabei zu unterschiedlichen und unausgewogenen Trends beim Verhältnis von Siedlungswachstum und Bevölkerungsentwicklung. Verdichtetes Bauen durch Siedlungsdruck und die gleichzeitigen Vermeidung von Zersiedelung ist deshalb eine prioritäre Forderung der heutigen Raumentwicklung. Nach Annahme der Kulturlandinitiative ein konkret gewordenes Politikum.

Verdichtung erfordert eine sorgfältig ausgeführte und durchdachte Planung und zwar national, kantonal und kommunal. Es kann nicht alleine die Aufgabe der Stadt sein, zu verdichten, wenn „Landgemeinden“ und Agglomerationen unbeirrt ganze Einfamilienhausquartiere zulassen und um der Rendite willen fördern. Es ist nicht die Aufgabe der Stadt, Auswüchse des Traums vom eigenen Haus auf dem „Land“ zu kompensieren. Verdichtung für eine 2000 Wattgesellschaft ist ein wichtiges und richtiges Ziel. Verdichtung darf trotzdem nicht zum Verlust von Qualität- und Lebensqualität führen. Dies beinhaltet unter anderem kein Verlust von Wohnqualität, von sozialen funktionierenden Strukturen, kein Verlust oder Zerschneidung von ökologisch wertvollen Flächen, von wichtigen Freiräumen, die für Zürich im Zusammenhang mit Lebensqualität eine eminente Bedeutung haben.

Zahlbarer, qualitativer Wohn- und Gewerberaum muss dringend erhalten und neu geschaffen werden. Vor allem aber gilt, Verdichtung ist nicht Eigenzweck! Verdichtung ist eine gesellschaftliche Verantwortung und die Antwort auf eine gesellschaftliche Entwicklung. Die Eigentumsfreiheit an Grund und Boden steht im Fokus vielfältiger gegenläufiger Interessen und trifft damit den Nerv der Gesellschaft. Nichts desto trotz – mit dem Thema Verdichtung muss auch die Sozialpflichtigkeit von Eigentum zur Aufgabe werden. Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.