Kein Interesse an der Situation der Sans-Papiers
Im Februar 2017 informierte der Kanton Genf über die sogenannte Opération Papyrus: Unter Federführung des freisinnigen Regierungsrates Pierre Maudet und mit Unterstützung unter anderem von SP-Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss hat Genf in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) ein Pilotprojekt zur Regularisierung von Sans-Papiers lanciert. Um eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten, müssen die Sans-Papiers folgende Bedingungen erfüllen: Vorliegen einer Arbeitsstelle, finanzielle Unabhängigkeit, mehrjährige Aufenthaltsdauer (für Familien mit schulpflichtigen Kindern mindestens fünf Jahre, für alle anderen mindestens zehn Jahre), erfolgreiche Integration und keine Straffälligkeit.
Innovativer Weg
Mit der Opération Papyrus hat Genf einen innovativen Weg aufgezeigt, um basierend auf dem geltenden Recht eine Verbesserung der Lebensverhältnisse von Sans-Papiers zu erreichen. Die SP Kanton Zürich setzt sich dafür ein, dass der Kanton Zürich eine ähnliche Initiative ergreift. Aus diesem Grund reichten Michèle Dünki-Bättig (SP Glattfelden), Thomas Marthaler (SP 3) und ich im Zürcher Kantonsrat eine Interpellation zum Thema ein. Darin erfragten wir unter anderem Informationen zur aktuellen Situation der Sans-Papiers im Kanton Zürich und den Möglichkeiten, diese zu verbessern, indem ihnen zum Beispiel der Zugang zu ordentlichen Gerichten erleichtert würde. Und selbstverständlich fragten wir den Regierungsrat, ob er sich auch für Zürich eine Opération Papyrus vorstellen könne.
Die kürzlich publizierte Antwort des bürgerlichen Regierungsrates ist leider ganz und gar unbefriedigend. So versteckt sich die Regierung hinter der Behauptung, Genf würde aufgrund seiner Internationalität die schweizweit höchste Dichte an Sans-Papiers aufweisen, was mit der Situation in Zürich nicht verglichen werden könne. Diese Einschätzung ist vor dem Hintergrund einer vom SEM in Auftrag gegebenen Studie, die für den Kanton Zürich von einer Zahl von rund 28’000 Sans-Papiers ausgeht, mehr als verwunderlich. Dasselbe gilt für die Aussage, es liessen sich keine Angaben dazu machen, inwiefern eine Regularisierung von Sans-Papiers bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit hilfreich sei. Ein Kommentar im Tages-Anzeiger hielt zur Interpellationsantwort des Regierungsrates denn auch treffend fest: «Die mehrseitige Antwort könnte im Grunde auf einen Satz heruntergebrochen werden: Eine Legalisierung von Sans-Papiers kommt für uns nicht infrage, weil uns ihre Situation nicht interessiert.»
Unterstützung der Stadt
Immerhin sieht die Stadt Zürich die Sache anders als der Kanton und fordert einen «realitätsnäheren Umgang» mit Sans-Papiers. Eine Initiative wie die Opération Papyrus in Genf sei wünschenswert, liess der Stadtrat über den Sprecher des Präsidialdepartements verlauten. Die SP Fraktion im Kantonsrat wird sich durch die abschlägige Antwort der Regierung nicht beirren lassen. Wir bleiben am Thema dran und werden uns weiterhin für eine zumindest teilweise Legalisierung der Sans-Papiers einsetzen. Oder wie es die Vizepräsidentin der Kantonalpartei, Andrea Arezina, in ihrer Rede am ausserordentlichen Parteitag vom 22. Mai formulierte, als sie über unsere Interpellation sprach: «Die meisten politischen Veränderungen brauchten mehrere Anläufe.»
Tatsächlich erhält das Anliegen inzwischen Unterstützung von ganz verschiedenen Seiten: So verfassten SP-Nationalrätin Chantal Galladé, SP-Ständerat Daniel Jositsch und Andrea Arezina gemeinsam einen offenen Brief an den Regierungsrat, um der Forderung nach einer Legalisierung der Sans-Papiers Nachdruck zu verleihen. Gleichzeitig lancierte die Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich (SPAZ) eine Petition, um auch in Zürich eine Opération Papyrus zu fordern; diese kann man übrigens immer noch online unterzeichnen: www.papyrus-zh.ch. In diesem Sinne: Die SP kämpft gemeinsam mit anderen Organisationen weiter dafür, dass alle Menschen in unserer Gesellschaft ihre Grundrechte wahrnehmen können!