Ein Hoch auf die ordnungspolitische Debatte

Hätte die «GridBox» der Debatte beiwohnen können, die ihr am Mittwoch gewidmet war, sie hätte überdurchschnittliche (An-)Spannung in Grundsatzfragen zu messen vermocht: Nur selten wird im Gemeinderat so eindringlich nach der ordnungspolitischen Debatte gerufen. Der Disput drehte sich dabei um die Frage, ob die Stadt, via ewz, unbotmässig in den Markt eingreife, wenn sie sich an der Kommerzialisierung der «GridBox» beteiligt – oder ob sie im Gegenteil Innovation fördere, indem ein fortschrittliches Produkt zur Marktreife gebracht wird.

Wer sich an der Entwicklung eines innovativen, zukunftsträchtigen Produkts beteiligt und dabei nicht nur Kapital, sondern zum Beispiel auch Wissen und Kreativität investiert, erwartet in der Regel, ein solches Produkt nicht nur markfähig entwickeln, sondern auch von dessen allfälligem Erfolg am Markt profitieren zu dürfen. Darf dies auch der Staat?

 

Es ist diese Frage, mit der die «GridBox» den Gemeinderat konfrontierte. Mitentwickelt – in einem Konsortium mit öffentlichen und privaten Beteiligten – durch das städtische Elektrizitätswerk ewz, soll dieses Messgerät für Niederspannungsnetze nun weiterentwickelt werden mit dem Ziel, das Gerät kommerziell verwerten zu können. An der Gesellschaft, die dafür zu gründen ist, soll sich die Stadt finanziell beteiligen. Dass solche Geräte für die Steuerung des Verteilnetzes, wie es das ewz für die Stadt Zürich betreibt, künftig notwendig sind, war im Rat mehrheitlich unbestritten. Denn es ist eine Tatsache, dass die Netze aufgrund des erfreulicherweise zunehmenden Anteils an Strom, der mittels kleiner dezentraler Anlagen – etwa Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern Privater – erzeugt wird, vermehrt punktuell starken Belastungen ausgesetzt sind und so anfällig werden für Störungen. Störungen vorzubeugen oder zumindest früh zu erkennen und die Strom- und Spannungsqualität sowie die Netzstabilität zu erhöhen, sind die Ziele der «GridBox». Im Testbetrieb hat sie unter Beweis gestellt, dass sie dieses Ziel zu erreichen vermag.

Von bürgerlicher Seite wurde gegenüber dem Geschäft kritisiert, dass das staatliche ewz nicht als Risikokapitalgeber für die Weiterentwicklung und Kommerzialisierung der «GridBox» auftreten dürfe, sondern diese Rolle Privaten überlassen solle. Ordnungspolitisch sei es verkehrt, wenn der staatliche Akteur ewz hier gleichsam als Beteiligter wie als Mitentwickler in einem Startup aktiv werde.

 

Es ist gewiss richtig, bei einem solchen Geschäft die ordnungspolitische Frage aufzuwerfen. Das Geschäft mit Verweis auf ordnungspolitische Vorbehalte abzulehnen, wie es die bürgerliche Seite tat, ist hingegen allzu rigoristisch. Denn weder strebt das ewz eine zeitlich unbegrenzte Beteiligung an einem gewinnträchtigen Unternehmen an, noch nützt es in irgendeiner Form eine Marktmacht oder etwaige Vorteile des staatlichen Akteurs aus. Vielmehr übernimmt das ewz Verantwortung, nämlich für das Verteilnetz der Zukunft gerüstet zu sein, Kosten bei dessen Ausbau einzusparen und damit auch in der nahen Zukunft seinen Auftrag im Dienste der Stadtzürcher Bevölkerung (und GebührenzahlerInnen) effizient, sicher und im Sinn der 2000 Watt-Gesellschaft ausüben zu können.

 

Dass das ewz dabei auch noch Innovation ermöglicht und mitträgt, darf ihm sicherlich nicht angekreidet werden, sondern soll uns – wie es der zuständige Stadtrat Andres Türler, seines Zeichens Mitglied der ablehnenden FDP, zu Recht ausführte – wenn schon mit etwas Stolz erfüllen. Und dass das ewz mit der «GridBox» und dem gesamten «Smart Grid»-Ansatz mitunter seine Flexibilität unter Beweis stellt, soll uns wiederum im Hinblick auf die anstehenden – auch ordnungspolitischen – Debatten um eine neue Rechtsform des ewz besonders interessieren.